Neu ab August 2022: Dr. med. Petra Rhyn im Kompetenzzentrum Nephro am See in Horgen bei Zürich
Die Fachärztin für Nierenheilkunde und Innere Medizin wird neu ab August 2022 ...
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13. Juni 2022
Bluthochdruck betrifft mehr Menschen, als wir denken. Fatal: nur die Hälfte der Betroffenen weiss um den Bluthochdruck und noch weniger sind wirklich gut behandelt. Lesen Sie hier Wissenwertes zum Bluthochdruck und Hinweise, wie er behandelt wird.
1. Fakten / Zahlen zu Bluthochdruck
Bei uns in der Schweiz hat schätzungsweise jede 4. erwachsene Person, also rund 1.5 Millionen Menschen, einen erhöhten Blutdruck. Das Fatale daran: noch weiss ein Drittel dieser Menschen nicht, dass er oder sie einen erhöhten Blutdruck und somit ein Risiko für Organ- und Blutgefässchäden hat. In manchen Ländern geht man sogar davon aus, dass weniger als die Hälfte der Menschen um ihren Bluthochdruck wissen. Zahlen aus den USA zeigen, dass der häufigste Praxisbesuch wegen Bluthochdruck erfolgt und die Einnahme von Bluthochdruckmedikamenten von allen Medikamenteneinnahmen den höchsten Prozentsatz ausmacht. Trotzdem sind rund 50% der Patienten mit Bluthochdruck noch ungenügend eingestellt. Man könnte von einem «Silent Killer» reden.
2. Bluthochdruck wird auch als "Silent Killer" bezeichnet, der spät Symptome macht. Wer ist besonders gefährdet, einen Bluthochdruck zu entwickeln. Ab welchem Alter sollte man sich testen lassen?
Der Ausdruck «silent killer», also stiller Mörder, wurde zuerst für den Überkonsum von Salz, welcher in unserer Gesellschaft häufig vorkommt, gebraucht. Warum still? Weil die ersten Auswirkungen noch nicht spürbar sind. Unser Körper reagiert nicht mit Symptomen, wenn der Blutdruck kurzfristig etwas erhöht ist – das wäre ja bei jeder sportlichen Betätigung, wo wir einen höheren Blutdruck brauchen, ungünstig. Wenn aber in Ruhe ein ständig erhöhter Blutdruck vorhanden ist, dann verändert und schädigt das die Blutgefässe und Organe. Menschen mit Übergewicht oder Bewegungsmangel, aber auch mit ungesunder Ernährung und viel Salzkonsum sind besonders gefährdet. Weiterhin gelten Rauchen und übermässiger Alkoholkonsum als Risikofaktoren für Bluthochdruck. Doch auch junge Menschen sollten sich mindestens einmalig testen lassen, ab 35 Jahre am Besten einmal jährlich. Mit Prävention, gesunder Lebensführung und frühem Entdecken könnten viel Folgen des Bluthochdrucks verhindert oder zumindest verzögert werden.
3. Was sind die Folgen von hohem Blutdruck?
Die Folgen von zu hohem Blutdruck sind sogenannte Endorganschäden und Schäden an den Blutgefässen. Letzteres impliziert, dass alle durchbluteten Körperstellen und -teile betroffen sein können. Durch Schäden an den Organen oder Blutgefässen kommt es zu Durchblutungsstörungen und Unterversorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen. Je nach Organ zeigen sich dann unterschiedliche Auswirkungen. Zum Beispiel wird beim Auge das Sehen schlechter, bis hin zu Blindheit. Bei den Beinen entstehen Wunden und die Ausdauerleistung nimmt rapide ab. Das Herz wird schwächer. Bei den Nieren sinkt – leider zuerst unbemerkt, denn Nieren leiden leise – die Filterleistung und damit die Entgiftung des Körpers. Erst spät stellen sich die typischen, aber sehr unterschiedlichen Symptome der Nierenvergiftung offen ein. Ausserdem wird durch den hohen Blutdruck in den Nieren wiederum dieser unterhalten, da die Regulation des Blutdrucks nur durch gesunde Nieren und Blutgefässe in der Niere möglich ist. Eine kranke Niere macht oft, nicht immer, einen Bluthochdruck.
4. Eine Nierenschädigung kann ihrerseits Bluthochdruck verursachen. Wie kommt es dazu?
Bei einer Nierenschädigung, die Bluthochdruck verursacht, muss man zwei verschiedene Mechanismen kennen. Kommt es zu einer Entzündung in den Filtereinheiten, den sogenannten Glomerula, dann führt dies zu einem Zurückhalten von Salz und Wasser im Körper. Diese beiden für Blutdruckentstehung wichtigen Komponenten werden ja normalerweise sehr eng kontrolliert und durch die normalen Nieren ausgeschieden. Haben wir zu viel Salz und Wasser im Körper und besonders in den Blutgefässen, steigt der Blutdruck schnell an. Der zweite Mechanismus betrifft die Blutgefässe in den Nieren: sind diese geschädigt, zum Beispiel verengt durch Ablagerungen oder Entzündung, dann kommt es zur Aktivierung eines Hormonsystem, welches zu Anspannung von Blutgefässen führt, um genügend Blutfluss und Versorgung mit Nähr- und Sauerstoff zu gewährleisten. Wir sprechen hier von einer Überaktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron, kurz RAAS-Systems. Letzteres ist Ansatzpunkt für viele Blutdruckmedikamente.
5. Gibt es Zahlen, die aussagen, wie viele Hypertoniker ein Nierenleiden entwickeln? Oder umgekeht: bei wie vielen Dialysepatienten*innen war der Bluthochdruck der Auslöser?
Viele Patienten mit Bluthochdruck entwickeln ein chronisches Nierenleiden. Zahlen aus den USA zeigen, dass jeder 5. Patient mit Hypertonus auch ein Nierenleiden entwickelt. Bluthochdruck gilt, nach Diabetes, als häufigste Ursache für eine chronische Nierenerkrankung. Je nachdem, welche Region der Erde sie betrachten, sind es 1/3 der Patienten mit Nierenversagen, die wegen eines Bluthochdrucks ihre Nierenfunktion verloren haben. Im Durchschnitt also jeder 3.-5. Patient.
6. Ab welchem Wert / Grad / Kategorie ist der Bluthochdruck ein Risiko für die Nierengesundheit?
Bluthochdruck wird in verschiedene Schweregrade eingeteilt. Ein optimaler Blutdruck sollte unter 120/80 mmHg liegen. Ein je nach Alter normaler Blutdruck liegt dann vor, wenn der obere Wert, der systolische, grösser als 120 und kleiner als 130 mmHg beträgt. Ein hochnormaler Blutdruck liegt bei Werten von 130-139 mmHg systolisch oder 80-89 mmHg diastolisch vor. Bei Werten von >140 mmHg, respektive grösser 90 mmHg für den diastolischen Wert, liegt ein leichter, bei Werten >160 ein mässiger und bei Werten >180 mmHg ein schwerer Bluthochdruck vor. Jeder erhöhte Blutdruck ist langfristig ein Risiko für die Nierengesundheit, weswegen schon früh Massnahmen zum Senken des Drucks auf normale Werte ergriffen werden sollten.
7. Was sollten Patienten*innen mit Bluthochdruck beachten, um keine Folgeerkrankungen zu entwickeln?
Patienten mit Bluthochdruck sollten bestimmte Dinge beachten, um die Folgeerkrankungen zu vermeiden. Die Folgeerkrankungen von Bluthochdruck sind die Schädigungen an Organen und Blutgefässen. Hauptmanifestation sind Herzschwäche und -infarkt und Schlaganfall, aber auch Seh- und Durchblutungsstörungen. Die Schweizer Gesellschaft für Hypertonie empfiehlt die regelmässige Blutdrucküberwachung, am Besten ausserhalb der Praxis. Selbstmessungen, mit zertifizierten und geeichten Blutdruckmessgeräten zuhause, sind dabei zu bevorzugen. Ein Blutdrucktagebuch hilft, den Fortschritt zu dokumentieren und mit der Ärztin und dem Arzt zu besprechen. Insgesamt sollte ein Blutdruckwert von kleiner 130/80 mmHg erreicht werden. Bei jüngeren Patienten und solchen, die diese Werte tolerieren, sind auch 120/80 mmHg wünschenswert, solange dann keine Symptome durch tiefen Blutdruck entstehen. Ältere Patienten, d.h. Patienten über 65 Jahre sollten einen Blutdruck kleiner 140/90 mmHg haben. Natürlich ist es aus Sicht des Arztes und Patienten wünschenswert, wenn Medikamente wie verordnet regelmässig eingenommen werden. Aber gerade das ist häufiger problematisch. Deswegen bieten sich sogenannte Poly-pills an, die mehrere Wirkstoffe kombinieren. All dies sollte unbedingt mit einer Salz-reduzierten, wenn möglich Salz-armen Kost kombiniert werden. Das Ziel liegt hier bei 6-8 Gr. Kochsalz pro Tag, was whs. aktuell 20% der Schweizer Bevölkerung einhalten, also 4 von 5 Personen nicht. Regelmässige Bewegung und Gewichtsverlust sind weitere Pfeiler einer Bluthochdrucktherapie. Und natürlich ein Rauchstopp.
8. Was kann der Patient / die Patientin zusätzlich machen?
Letzter Massnahmen fallen ja unter den Begriff «Lebensstilanpassung» oder Lifestyle-Intervention. Hierzu zählt stark die Ernährung, die Salz-arm und Kalorien-reduziert, sowie mediterran sein sollte, d.h. wenig Fleisch, eher Fisch, viel Gemüse und Früchte, sowie Olivenöl mit ungesättigten Fettsäuren. Wir empfehlen 3x/Woche eine Aktivität von mindestens 30 Minuten um den Blutdruck zu senken. Auch ein moderater Alkoholkonsum, im Vergleich zu hohem Alkoholkonsum, senkt den Blutdruck. Ich würde hier nicht von zusätzlichen, sondern in jedem Fall begleitenden Massnahmen reden. Wir haben es in den meisten Fällen in der Hand, den Blutdruck positiv zu beeinflussen und unsere Nieren zu schützen.