Health-Kolumne Seesicht 04/2022

25. August 2022

Wann haben Sie sich das letzte Mal gekratzt? Vielleicht während der heissen Sommerwochen als Folge eines Insektenstichs? Wenn die Haut juckt, hat das zum Glück oft harmlose Ursachen. Doch manchmal kann es auch ein Alarmsignal für eine ernsthafte Erkrankung sein – zum Beispiel der Nerven oder der inneren Organe. In dieser Kolumne erfahren Sie mehr über Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten sowie den möglichen Zusammenhang mit Ihren Nieren.

Wenn die Haut juckt, spricht man in der Medizin von Pruritus (lateinisch prurire = jucken). Es wird zwischen verschiedenen Formen von Juckreiz unterschieden:

- Beim dermatologischen Pruritus handelt es sich um eine sichtbare Hauterkrankung, zum Beispiel durch Insektenstiche – aber auch durch chronische Erkrankungen wie die Schuppenflechte (Psoriasis), bei der die Haut zusätzlich gerötet und geschuppt ist.

- Als systemischen Pruritus bezeichnet man Juckreiz, der auf der Erkrankung eines Organs wie der Leber oder Schilddrüse basiert. Auch die chronische Niereninsuffizienz gehört dazu (mehr dazu im letzten Abschnitt).

- Der neuropathische Pruritus wird durch Schäden an Nerven verursacht. Das prominenteste Beispiel ist die Gürtelrose (Herpes Zoster), welche durch Viren ausgelöst wird. Dabei entzünden sich die Nerven oder Nervenknoten und lösen den für die Gürtelrose typischen Bläschenausschlag aus. Auch eingeklemmte Nerven können Juckreiz verursachen.

– Wer unter psychogenem Pruritus leidet, ist innerlich angespannt. Grund dafür können Ärger, Zwangsstörungen oder Drogenmissbrauch sein.

BEHANDLUNG SOLLTE INDIVIDUELL ERFOLGEN

Auch wenn die Versuchung gross ist: Es gibt bessere Möglichkeiten zur Schmerzlinderung als Kratzen oder Reiben. Auch eine allgemeine Therapie (wie früher zum Beispiel mit Borsäure, die heute als bedenklich oder gar giftig gilt) ist nicht zu empfehlen. Vielmehr sollte nach einer ausführlichen und professionellen Diagnose eine individuelle Therapie gefunden werden. Nachfolgend einige Beispiele zur erfolgreichen Behandlung:

– Juckreiz kann mit topischen Anästhetika gelindert werden (griechisch Topos = Stelle). In diesem Fall wird der Wirkstoff äusserlich und lokal angewendet, um das Risiko von unerwünschten Nebenwirkungen kleinzuhalten. Dafür bieten sich Cremes oder Pflaster mit Capsaicin an – einem Alkaloid, das aus einer scharfen Paprikasorte gewonnen wird – sowie Substanzen wie Menthol oder Kampfer.

– Eine systemische Therapie erfolgt mit Opioid-Rezeptor-Agonisten wie Difelikefalin, Antiepileptika wie Gabapentin und Pregabalin oder Antihistaminika – welche ihrerseits Vorläufer für die ersten Neuroleptika waren.

– In Studien konnte ausserdem die Wirksamkeit von Phototherapie sowie Akupunktur belegt werden.

WAS HAT DIE NIERE DAMIT ZU TUN?

Eine Nierenfunktionsstörung kann ebenfalls Ursache für Juckreiz sein (urämischer Pruritus). Bis 90% der Patientinnen und Patienten, die sich wegen Nierenversagen einer Blutreinigung (Dialyse) unterziehen müssen, klagen über starken Juckreiz, der weitreichende Folgen haben kann: Dazu gehören Schlafstörungen, depressive Verstimmungen und Angst sowie soziale Isolation.

«Juckreiz aufgrund von Niereninsuffizienz kann heute gut diagnostiziert und behandelt werden.»

Heute gibt es einfache Screenings, um die Funktionsfähigkeit der Nieren zu analysieren. Es werden beispielsweise der Kreatininwert in Blut und Urin gemessen sowie die Filtrationsrate der Nieren berechnet. So kann ein urämischer Pruritus schnell diagnostiziert, behandelt und gelindert werden.

FRAGEN? MELDEN SIE SICH BEI UNS!

Haben Sie Fragen oder leiden Sie an Juckreiz, den Sie keiner Ursache zuordnen können? Wir beraten Sie gerne. Am besten melden Sie sich telefonisch bei uns. Sie sind jederzeit herzlich willkommen.

Health Kolumne der Seesicht vom August 2022